Pressemitteilung
Schweizer Konsumenten brauchen einen Rechtsrahmen für technologische Personalisierung

Eidgenössisches Büro für Konsumentenfragen (BFK)

17.03.2025, Der 15. März 2025 ist der Welttag der Konsumentenrechte. Aus diesem Anlass hat die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen (EKK) am 13. März in Bern Experten zu einem Runden Tisch eingeladen, um über die Angemessenheit des Schweizer Rechtsrahmens angesichts der Herausforderungen der Personalisierung im digitalen Zeitalter zu diskutieren. Ziel war es, sowohl die unbestreitbaren Fortschritte, die diese Technologien mit sich bringen, als auch die damit verbundenen Risiken und Herausforderungen für die Schweizer Konsumenten zu beleuchten.

In den 1970er und 1980er Jahren erliessen die europäischen Staaten Vorschriften zum Schutz der Konsumenten. In der Schweiz wurde der Schutz der Konsumentenrechte in der Bundesverfassung verankert. Gestützt darauf erliess die Schweiz das Konsumenteninformationsgesetz. In Übereinstimmung mit diesem Gesetz erfüllt die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen (EKK) seit 59 Jahren ihr Mandat, indem sie Stellungnahmen und Empfehlungen zuhanden des Bundesrates im Bereich der Konsumentenpolitik abgibt. Aufgrund ihrer Zusammensetzung - ihre Mitglieder kommen zu gleichen Teilen aus der Wirtschaft, den Konsumentenorganisationen und der Wissenschaft - ist sie auch ein Ort der Diskussion und der Unterstützung bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen, wenn dies von den betroffenen Kreisen gewünscht wird. Ihr kommt sodann die wichtige und geschätzte Rolle als „Radar“ für konsumentenbezogene Themen zu.

In diesem Zusammenhang ist auch das Thema des Runden Tisches vom 13. März 2025 zu sehen : Hier sollte diskutiert werden, ob das Schweizer Recht, das im letzten Jahrhundert für die Konsumenten der Industriegesellschaft eingeführt wurde, den Herausforderungen des digitalen Umfelds gewachsen ist. Die Technologie ermöglicht durch die Auswertung persönlicher Daten und den massiven Einsatz von Algorithmen die Personalisierung von Waren und Dienstleistungen, die den Konsumenten angeboten werden.

Der erste Teil des Rundtischgesprächs lieferte Beispiele dafür, wie die Technologie den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen durch die Konsumenten personalisieren kann. So wurde gezeigt, dass die Personalisierung Chancen mit sich bringen kann, da die Konsumenten Zeit und Geld sparen können, indem sie Produkte erwerben, die ihren Bedürfnissen und Wünschen möglichst genau entsprechen. Sie ermöglicht eine Filterung von Inhalten und Werbung, die ihren Interessen am ehesten entsprechen. Für OnlineHändler steigert die Personalisierung den Gewinn und die Häufigkeit der Einkäufe, während sie gleichzeitig die Frequenz der Werbung steuern können. Pascal Meyer von Qoqa, einem Unternehmen, das den Konsumenten die Möglichkeit gibt, sich zu den angebotenen Produkten zu äussern, sagte, dass die Berücksichtigung von Kundenmeinungen für Schweizer Online-Händler aus Reputationsgründen von entscheidender Bedeutung sei.

Die Grenze zwischen Chancen und Risiken ist jedoch schmal. Die Personalisierung führt dazu, dass die Preise je nach Zahlungsbereitschaft festgelegt werden, so die Interpretation von Svenja Hippel, Forscherin an der Universität Bonn, die die Ergebnisse einer Studie über Hosting-Plattformen vorstellte: „Verkäufer nutzen Algorithmen, um ihre Gewinne zu maximieren: Die Filter, die Konsumenten bei der Suche nach einem Produkt aktivieren, tragen dazu bei, die Preise des Endprodukts zu erhöhen, ohne dass die Konsumenten sich dessen bewusst sind oder die Möglichkeit haben, dies zu verhindern. Es findet also eine gewisse Diskriminierung durch die Technologie statt.

Lucie Lechardoy von Open Evidence präsentierte die Ergebnisse einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie, wonach Inhalte und Werbeanzeigen die Aufmerksamkeit der Konsumenten schnell ablenken können. Dies ist auf die Gestaltung irreführender Interfaces zurückzuführen, die Konsumenten gegen ihren eigentlichen Willen auf Seiten halten soll und sie dazu bringen soll, ihre Daten weiterzugeben oder eine Dienstleistung zu erwerben, ohne dass sie sich dessen voll bewusst sind. Ein weiteres Problem ist die Präsentation von Inhalten, die durch die Personalisierung ermöglicht wird, um eine Reaktion hervorzurufen in Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeit, dass ein Text oder ein Bild Aufmerksamkeit erweckt. Jean Busché von der Fédération romande des consommateurs (FRC) sieht grosse Gefahren in einem „undurchsichtigen“ digitalen Ökosystem mit Blick auf die Erhebung und Bearbeitung von Daten: „Das Individuum ist völlig ausgeliefert, die Schweizer Gesetze reichen nicht aus“.

Die Europäische Union hat bereits mit Massnahmen zur Transparenz von Algorithmen, einem Recht auf Information über die Personalisierung von Preisen und dem Verbot bestimmter manipulativer Techniken reagiert. Ein Gesetz für digitale Fairness ist in Vorbereitung, um Missbräuchen wie Dark Patterns und Einflussmarketing, süchtig machendem Produktdesign oder Online-Profiling entgegenzuwirken, insbesondere wenn die Verletzlichkeit der Konsumenten für kommerzielle Zwecke ausgenutzt werden, wie Marylou Le Roy, Forscherin an der Universität Nizza-Côte d'Azur, erläuterte.

In der Schweiz kommt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) an Grenzen, diese neuen Herausforderungen einzufangen. Der Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), Philippe Barman, erklärte, dass der Bund derzeit auf Hindernisse stosse, um wirksam einzugreifen, obwohl der Bundesrat sich für eine Reform des Gesetzes ausgesprochen habe. Jean Busché (FRC) wies auf eine gewisse Unklarheit in Bezug auf die Anwendung des UWG auf die Personalisierung hin, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Aufmerksamkeit der Konsumenten, der von den Gerichten geklärt werden müsse. Preisüberwacher Stefan Meierhans sieht seinerseits keine andere Lösung als eine bessere Regulierung: „Ich bin skeptisch, was die Möglichkeit einer Selbstregulierung des Marktes durch technische Hilfsmittel, die die Konsumenten unterstützen, betrifft“. Monsieur Prix begrüsste die Tatsache, dass die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen das Thema der Personalisierung aufgegriffen hat, und fügte hinzu: „Selbst Künstliche Intelligenz, die den Konsumenten schützen soll, ist nicht transparent, und ich denke daher, dass die Technologie allein keine Lösung für das Problem bieten kann“. Er äusserte sich auch besorgt: „Die grossen Unternehmen schützen uns derzeit, obwohl die EU-Vorschriften nicht für die Schweiz gelten, aber wir wissen nicht, wie lange dieser Schutz anhalten wird.

Der Runde Tisch ging nach einer regen Diskussion zu Ende, wobei die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen eine vertiefte Reflexion über die Angemessenheit des Schweizer Rechtsrahmens angesichts der Herausforderungen der digitalen Welt forderte. Die Schweizer Konsumenten verdienen einen Schutz, der den Realitäten der algorithmischen Personalisierung und der modernen Geschäftspraktiken gerecht wird. Mit der Organisation dieses Runden Tisches anlässlich des Internationalen Tages der Konsumentenrechte bekräftigt die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen ihre Intention, eine wichtige Rolle bei der Anpassung des gesetzlichen Rahmens an die digitalen Realitäten zu spielen.


Medienkontakt:
Anne-Christine Fornage
Präsidentin der Eidgenösischen Kommission der Konsumentenfragen
anne-christine.fornage@unil.ch

17.03.2025 | von Eidgenössisches Büro für Konsumentenfragen (BFK)

--- ENDE Pressemitteilung Schweizer Konsumenten brauchen einen Rechtsrahmen für technologische Personalisierung ---

Über Eidgenössisches Büro für Konsumentenfragen (BFK)

Das Eidgenössische Büro für Konsumentenfragen (BFK) ist das Kompetenzzentrum des Bundes für die Belange der Konsumentinnen und Konsumenten im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik (Art. 12 OV-WBF). Das bedeutet konkret:

Das BFK sorgt dafür, dass Dysfunktionen des Marktes behoben werden, damit die Konsumentinnen und Konsumenten ihre Rolle als Motor für Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation wahrnehmen können. Es kümmert sich darum, dass die Behörden nur dann einschreiten, wenn tatsächlich ein Marktversagen vorliegt, und dass die getroffenen Massnahmen angemessen sind.

Das BFK vertritt die Bundesverwaltung in internationalen Gremien, die sich mit Fragen der Konsumentenpolitik beschäftigen.

Das BFK beteiligt sich an der Ausarbeitung von Standards im Bereich der Normung, insbesondere durch die Mitgliedschaft in technischen Ausschüssen und die Teilnahme an Vernehmlassungen. Zur Erfüllung seines Mandats arbeitet das BFK bei der Behandlung spezifischer Themen mit anderen Bundesämtern und externen Partnern zusammen.


Quellen:
Swiss-Press.com    HELP.ch




Offizieller News-Partner:
News aktuell

Swiss Press


Logoregister

Facebook X (früher Twitter) Instagram LinkedIn YouTube

TOP NEWS - powered by Help.ch

Junger Basler Nachwuchswissenschaftler erhält Hirnforschungsstipendium 2025 Schweizerische Hirnliga, 17.03.2025

Swiss Fibre Net AG und Swiss FibreCo AG begrüssen das Breitbandfördergesetz (BBFG) Swiss Fibre Net AG, 17.03.2025

6-Methylnikotin (6-MN): Die Schweiz darf nicht erneut beim Jugendschutz versagen Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, 17.03.2025

NEWSTICKER - 17.03.2025
18:22 Uhr 20min
Audi kündigt Abbau von 7500 Stellen an »

17:52 Uhr SRF
Aufsichtskommission rügt Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr »

17:31 Uhr Espace Wirtschaft
Cyberangriff auf Detailhändler: Spar-Mitarbeiter können Waren nur noch manuell bestellen »

16:31 Uhr NZZ
Bloss 15 Millionen? In den USA wäre der Lohn von UBS-Chef Sergio Ermotti kein Thema »

10:21 Uhr Computerworld
Förderprogramm für schweizweit schnelles Internet »

3
27
31
33
36
39
5
Nächster Jackpot: CHF 14'500'000

8
10
33
35
49
2
9
Nächster Jackpot: CHF 172'000'000

Aktueller Jackpot: CHF 1'635'273